Ich habe Angst vor Menschen

Ich habe Angst vor Menschen. Diese Angst ist in den letzten Jahren stetig stärker geworden. Momentan geht es häufig soweit, dass ich unter ständiger Anspannung lebe.

Ich war als Kind schon sehr schüchtern und hab die meisten zwischenmenschlichen Aktionen an meine Mutter abgegeben. So hatte ich eine sorglose Kindheit und einen Schutz, den ich immer nutzen konnte, wenn ich mit der Situation überfordert war.

Dieses Verhalten hielt sich in der Schule. Ich war ein schüchternes Mäuschen, das nur dann den Mund aufbekommt, wenn es gefragt wurde. Erst nachdem ich Vertrauen aufgebaut habe (was bei mir schon mal gut ein Jahr dauern kann), verliere ich meine Schüchternheit allmählich. Doch außerhalb der Schule konnte ich weiterhin Aufgaben wie Telefonieren (der Alptraum jedes Sozialphobikers), Sprechen mit Verkäuferinnen und Smalltalk an meine Mutter abgeben.

Dieses Verhalten hielt sich bis ins Gymnasium und veränderte sich erst durch meine Magersucht. Ich will hier eine Essstörung auf keinen Fall beschönigen, aber Fakt ist: Durch Hungern geht einem nicht nur Gewicht verloren, sondern auch die Fähigkeit Emotionen zu empfinden. Das führt zum einen dazu, dass ich Emotionen wie Angst oder Schüchternheit wenig wahrnahm, aber leider waren auch positive Emotionen wie Freude und Zufriedenheit tief in mir begraben.

Als ich dann wieder an Gewicht zugelegt habe, konnte ich auch plötzlich wieder fühlen. Zuerst waren es jedoch großteils Angst und Unsicherheit. Da ich diese Emotionen schon so lange nicht mehr gefühlt habe, war ich mit ihnen heillos überfordert und wollte, dass sie wieder verschwinden. Ich bemerkte, wie der Schutzwall, den ich durch meine Krankheit errichtet hatte, zu bröckeln begann und mich verletzlich machte.

Diese Verletzlichkeit führte dazu, dass ich zunehmend Panik vor zwischenmenschlicher Interaktion bekam. Ich vermied unangenehme Situationen durch Rückzug. Bei beinahe jedem Gespräch spürte ich wie ich nervös wurde, mein Körper sich anspannte und in meinem Kopf eine Leere entstand, die es schwer machte flüssige Worte hervorzubringen. Ich bezweifle, dass mein Gegenüber das immer gemerkt hat, aber zu Studienbeginn war ich nach einem Tag an der Uni so erschöpft von Kommunikation.

Durch meine Psychotherapie und Medikamente, verbesserten sich die Symptome und ich bin zumindest im Stande mit Einzelpersonen ein halbwegs flüssiges Gespräch zu führen (auch wenn ich oft schneller spreche, als denke).

Große Panik habe ich noch immer in Gruppen zu sprechen. Wenn ich merke, dass mir mehr als zwei Personen zuhören (und nur mir zuhören) ist die Anspannung sofort wieder da. Ich versuche die Situation so schnell wie möglich zu beenden. Dabei entsteht der Eindruck, dass ich gerade auf Partys und unter Gleichaltrigen ein sozialer Totalausfall bin. Auch hier bin ich mir nicht sicher, ob andere meine Angst bemerken, dennoch spüre ich  es und frage mich, ob ich die Einzige bin, die so fühlt…

Let´s talk:

Habt auch ihr Schwierigkeiten mit sozialer Interaktion? Bei welchen Situationen würdet ihr nur darauf warten, dass sich endlich ein Loch im Boden auftut?

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