Burnout existiert nicht! Zumindest gibt es in den aktuellen Diagnosesystemen ICD und DSM kein mit Burnout bezeichnetes Krankheitsbild. Trotzdem leiden scheinbar immer mehr Leute am „Ausgebrannt-sein“.
Hätte ich meiner Urgroßmutter den Begriff Burnout vorgesetzt, wüsste sie vermutlich erst mal nichts damit anzufangen. Ein in unserer modernen hektischen Welt immer häufiger verwendetes Wort, wurde damals begrifflich nicht so benannt. Bestimmt gab es auch früher Menschen, die unter Erschöpfungszuständen litten, ihr Befinden jedoch nicht als krank angesehen haben.
Viele meiner Uniprofessoren sind der Meinung, dass Burnout nichts anderes ist als eine Depression, um genau zu sein eine „Depression mit Erschöpfungszustand“. Sieht man sich die Symptome einer Depression an scheint diese Annahme gar nicht so verkehrt. Beide Krankheiten zeichnen sich zum Beispiel durch eine Antriebslosigkeit aus, die es nicht möglich macht einen sozialen Alltag zu leben. Ein Verlust von Interessen, sei es im beruflichen oder privaten Bereich, ist bei beiden „Diagnosen“ zu finden. Man fühlt sich schuldig, minderwertig, kraftlos und der Zustand erscheint einem aussichtslos.
Aber warum hat sich die psychische Krankheit Burnout in unserem Sprachgebrauch durchgesetzt? Nicht nur Medien bedienen sich ungeniert diesem Wort, um ihre Schlagzeilen aufzuhübschen, sondern auch in psychosomatischen Kliniken ist der Begriff alltäglich geworden.
Man stelle sich folgendes Szenario vor: Ein Manager einer großen Firma meldet sich für unvorhersehbare Zeit abwesend. Schnell machen unter den Kollegen Gerüchte die Runde: Der Mann sei überfordert gewesen. Er sei in einer Klinik um sein Burnout behandeln zu lassen. Die Reaktion: Mitleid und Verständnis. Der Manager hätte ja so viel gearbeitet, er hätte immer Aufgaben von Kollegen übernommen, war immer der letzte im Büro und das alles obwohl er auch eine Familie mit zwei kleinen Kindern hat. Man gönnt dem Mann diese „Pause“ und erwartet ihn gesund zurück, nachdem er genug Ruhe hatte, um seine Kräfte zu tanken.
Würde diesem Manager die Diagnose Depression zugeordnet werden, wäre die Erschütterung in der Firma groß. Depression gilt schließlich als schwere psychische Krankheit. Viele verbinden damit auch den Wunsch sich umzubringen. Angst wird geschürt. Wie geht man mit einem Depressiven um? Wie konnte es soweit kommen? Bestimmt hatte er eine schwere Kindheit und seine Frau soll im ja das Leben auch nicht gerade leicht machen? Falls er zurückkommt, ist es für ihn dann überhaupt noch möglich eine solch angesehene und verantwortungsvolle Position in der Firma einzunehmen?
Vereinfacht ausgedrückt: Burnout wird sozial akzeptiert, Depression nicht. Wer unter Burnout leidet, hat zu hart und zu viel gearbeitet. Er hat sich eine Pause verdient, wenn auch erzwungen. Menschen mit Depression hingegen haben versagt. Sie haben keinen akzeptablen Grund psychisch krank zu sein. Außerdem bekommt man den Stempel als Depressiver schnell aufgedrückt, wohingegen Burnout als vorübergehend gilt, etwas das man mit einem netten Kuraufenthalt leicht wieder beheben kann.
Objektiv betrachtet sind beide Bezeichnungen ernst zu nehmen, egal ob man die sozial anerkannte oder die sozial geächtete verwendet. Beide Begriffe bezeichnen behandelbare Symptome, die nach professioneller Hilfe verlangen.
Ein Hauptanliegen dieses Artikels ist aufzuzeigen wie unachtsam manchmal mit Worten umgegangen wird, die wir nicht verstehen. Es ist wichtig Burnout ernst zu nehmen, schließlich ist es letztendlich nichts anderes als eine verkannte Depression.
Zum Weiterlesen:
http://www.burnout-fachberatung.de/burnout-syndrom/burnout-erkrankung.htm
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Was ist eure Meinung zum Thema Burnout? Kennt ihr Leute die daran erkrankt sind? Seht ihr einen Unterschied zwischen Burnout und Depression? Ich bin auf eure Kommentare gespannt!
Vieles davon kann ich so aus Erfahrung bestätigen. Als ich den Burn-Out hatte und in Depressionen versank, bekam ich glücklicherweise Unterstützung aus meinem Umfeld und weitgehend positiven Umgang damit. Von Vorurteilen und Ablehung frei.
Allerdings erzählte mir ein Kollege aus der Zeit, als er einige Jahre später dasselbe durchmachte, dass er bei angenommen hatte, dass ich simuliere um bequem aus der beschissenen Arbeitssituation zu entkommen. Burn-Out gab es für ihn dmals nicht, er hielt es für eine erfundene Modeerscheinung. Dass ich wirklich Depressionen habe, konnte er sich nicht vorstellen. Als er ihnen dann selber zum Opfer fiel, öffnete es ihm die Augen. Das war ziemlich schwer für ihn, da er zusätzlich damit zu kämpfen hatte, seine Situation anzuerkennen und sich dafür nicht runter zu putzen. Was man ja ohnehin als Depressiver tut.
Auch deswegen ist offener Umgang mit diesem Thema so wichtig. Eine Depression zu haben, ist kein Beinbruch, es ist viel schlimmer… und anders. Dafür muss ein Bewusstsein entstehen. Deswegen danke, dass Du hier offen darüber schreibst!
Liebe Grüße,
Jo 🙂
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Vielen Dank für dein Kommentar! 🙂
Was du schreibst deckt sich sehr gut mit den Erfahrungen, die ich gemacht habe!
Ich hasse die Vorurteile allen psychischen Krankheiten gegenüber und wünsche mir eine Gesellschaft in der ein Arbeitsausfall aufgrund von Depression ebenso anerkannt wird wie ein Beinbruch!
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Wir schaffen diese Gesellschaft! 🙂
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Hey, toller Blogpost!
Ich kann mir auch vorstellen, dass es viele Mitmenschen abschreckt, wenn jemandem Depression diagnostiziert wird, da man sofort ungefähr weiß, welche Gedanken der Erkrankte tagtäglich mit sich herumschleppt. Was eigentlich sehr intim und somit für beide Seiten irgendwie unangenehm ist… Dass Burnout dem ziemlich ähnlich ist, oder, wie du schreibst, eine Depression mit Erschöpfungszustand, scheinen viele nicht zu wissen. Ich vermute, dass sie dann denken „ach, der Meier ist halt müde und antriebslos, wird schon wieder“, aber über die Gedankenwelt desjenigen wissen sie kaum etwas, wenn sie den Begriff Burnout hören.
Zufällig habe ich mir vor einigen Wochen dieselbe Frage gestellt: Habe mir vorgestellt auf einem schmalen Pfad zu laufen, bei dem es links runter zum Burnout geht und rechts zu „depressiver Stimmung“ (ich nenne es jetzt mal so, da es keine klassifizierte Depression ist). Und plötzlich waren die beiden Seiten nicht mehr voneinander zu unterscheiden, was mich bis eben, als ich deinen Blogpost las, verwirrt hatte.
Also vielen Dank für die Aufklärung! 🙂
LG, Siri von quergetippt.com
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Hallo liebe Siri!
Vielen Dank für dein Kommentar! Ja, leider gibt es im Bereich der psychischen Gesundheit noch so einige verwirrende Behauptungen. Daher freut es mich riesig, dass ich etwas Licht ins Dunkle bringen konnte!
Alles Liebe, Julia 💜
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