Meine Therapeutin hat mir den Auftrag gegeben über meine Kindheit bzw. über das Kind sein zu schreiben. Im Speziellen darüber, warum es viel toller ist ein Kind als ein Erwachsener zu sein. Ich klage nämlich oft darüber wie schrecklich Erwachsen sein ist. Also, here we go:
Wer erinnert sich nicht gern daran zurück wie es war keine Verpflichtungen zu haben, wo das wichtigste war, welches Spielzeug man hatte und wo man sich noch sozial unangepasst zeigen durfte? Ich habe mal in einer Eisschlange (ich meine eine Schlange von Menschen vor einem Eissalon) 😉 gewartet und ein kleiner Junge stand vor mir. Als er sein Eis bestellen wollte, war Erdbeere ausverkauft und er hatte keine Ahnung mehr, was er stattdessen nehmen sollte. Alle fanden seine Unsicherheit sooo süß! Auch ich bin oft so unsicher. Aber was würde man von einer 21-jährigen denken, die keine Alternative zu Erdbeereis einfällt? Sicher nicht: Oh wie putzig!

Ich weiß es gibt Leute, deren Kindheit nicht schön war. Das liegt aber meist an äußeren Umständen egal ob es das Umfeld oder irgendeine Krankheit ist. Im Grunde ist es schön ein Kind zu sein. Meiner Meinung nach gibt es da aber nur ein winzigkleines Problem: das merkt man erst, wenn man Erwachsen ist. Denn, wenn man ehrlich ist, war auch das Kind sein nicht perfekt. Wollte man nicht immer das, was man nicht haben konnte?
Das Erwachsen sein kam einem so extrem cool vor. Aufbleiben so lang man will, keine Einschränkungen beim Fernsehen und am Computer und vor allem machen was man will. Keine Regeln, keine Zwänge. Kommt mir bekannt vor! Genau das wünsche ich mir heute und ich bilde mir ein, dass ich in der Kindheit genau das hatte.
Es stimmt schon, dass einem als Kind vieles abgenommen wird. Man bekommt zu essen, braucht sich nicht um Geld zu kümmern und die Eltern beschützen einen. Die Meinung anderer ist einem egal, man lebt. Man weint, wenn einem etwas nicht passt und einige Stunden später ist alles vergessen.
Mit dem Erwachsen werden, kam auch ein Paket voller Verantwortung mit. Dazu kommen die Meinungen von außen. Eltern, Lehrer, Freunde, jeder scheint es besser zu wissen.
Zu allem Überfluss muss man laut Gesellschaft bestimmte Ziele erreichen. Wer keinen Job hat, ist nichts Wert! Das klingt in meinem Kopf immer wieder. Dabei kann es doch anderen egal sein, was ich mache. Egal, ob ich in einem Baumhaus wohne und von Flusswasser und Wurzeln lebe. Egal, ob ich als Prostituierte arbeite. Egal, ob ich stehle um zu überleben. Ich meine, klar, meine Familie und Freunde werden betroffen sein. Aber warum werden sie betroffen sein und vermutlich auch enttäuscht? Weil uns die Gesellschaft vorgibt, dass gewisse Normen in einem solchen Leben nicht erreicht wurden und die Person somit nichts Wert ist. Bitte versteht mich nicht falsch! Ich befürworte hier keinesfalls Gesetzesüberschreitungen, aber ein solches Beispiel verdeutlicht hoffentlich in übertriebener Weise, dass wir uns alle in der Gewalt der Gesellschaft befinden. Und wer ist die Gesellschaft? Die Gesellschaft sind wir! Das heißt wir machen uns diese Einschränkungen selber.
Wir leben in einem freien Land! Und trotzdem bin ich mir sicher, dass sich viele nicht frei fühlen. Vielleicht definieren viele auch Freiheit anders als ich. Für mich ist Freiheit, nicht nur das tun zu können, was man möchte, sondern auch in Gedanken frei zu sein.
Man kann gegen Gesellschaftsnormen handeln, aber wie frei ist man im Kopf? Plagen einen Schuldgefühle? Wertet man sich selbst ab? Oder hat man einfach nur Angst?
Ich habe Angst. Angst einmal alt zu werden und nicht das gemacht zu haben, was ich immer wollte. Und das nur, weil mir der Mut gefehlt hat mich gegen diese Normen zu wehren, die in keinem Gesetzesbuch stehen. Meiner Meinung darf man alles, solange es nicht gegen das Gesetz verstößt. Man muss selber mit den Konsequenzen leben. Aber ich finde, dieses Risiko ist es wert!
Stellt ihr euch auch manchmal vor wie unbeschwert und einfach das Leben als Kind war? Oder seid ihr froh endlich erwachsen zu sein? Ich bin gespannt auf eure Meinungen!
Habt noch einen schönen Sonntag! ❤
Ich gehör zu denen, die ne schreckliche Kindheit hatten. Deswegen blende ich sie weitestgehend aus.
Das „erwachsen“ sein find ich auch doof. Vorallem als Frau. Die Diskriminierung von Frauen ist allgegwertig. Wenn man nicht mit seinen körperlichen reizen zum Erfolg möchte egal ob Beruflich oder in einer Beziehung, erstickt man an der Sozialen Ungerechtigkeit.
LikeGefällt 1 Person
Das tut mir sehr leid, dass du keine schöne Kindheit hattest. Da stimme ich dir zu, dass es oft große Ungerechtigkeit gibt. Meiner Meinung nach betrifft das auch Frauen, aber prinzipiell kann man in fast jedem Bereich auf irgendeiner Ebene Benachteiligung bestimmter Personen aufzeigen. Ich bin für die Gleichberechtigung aller!
Alles Liebe, Julia 💜
LikeLike
Du hast recht. Doch durch diese Aussage relativierst du das Problem nach dem Prizip: “ anderen geht es genauso“
Du redest so mein angesprochenes Thema klein verpackst es in ein großes Problem, welches dann so „big“ ist, dass man sich nicht ran traut es zu ändern.
To big to fail – eben…
LikeGefällt 1 Person
Das stimmt natürlich. Das wollte ich damit auf keinen Fall erreichen. Ich hasse es selbst extrem, wenn man von seinen Problemen erzählt und dann eine Rückmeldung in der Art: „Aber denk doch mal an die armen Kinder in Afrika!“ bekommt. Das kann man nicht vergleichen. Jedes Problem ist wichtig, wenn es jemanden auch nur subjektiv belastet. Ich hatte erst vor einigen Tagen ein Gespräch über Gleichberechtigung mit meiner Mutter. Vielleicht war ich deshalb etwas dazu verleitet so weit aufzuholen. 😉
LikeLike
Ganz nüchtern betrachtet, bin ich froh erwachsen zu sein. Eigene Verantwortung, eigenes Geld, Dinge tun ohne sich gleich rechtfertigen zu müssen. In meinem Innern habe ich mir allerdings mein Kind bewahrt. Was wäre das Leben denn, ohne ab und zu einfach nur ausgelassen zu sein?
LikeGefällt 1 Person
Ich denke, dass ist die perfekte Mischung: Seine „Rolle“ als Kind oder Erwachsener der Situation anzupassen. 😉
LikeLike
Pingback: Flucht zu den Gummibären – Lebenswelt
Ich hatte keine besonders schöne Kindheit, dennoch finde ich Kind sein toll! Vor allem die Tatsache, dass man einfach leben kann, ohne sich z. B. um die Finanzen Sorgen zu machen. Oder darüber, ob man einen Job hat/findet. Als Erwachsener hat man tausend Verpflichtungen, als Kind lebt man einfach so vor sich hin (im Idealfall).
Und als Kind möchte man so schnell wie möglich erwachsen werden, weil man sich einbildet, man könne dann machen was man will, ohne dass es einem von anderen Leuten vorgeschrieben wird. Z. B. aufbleiben, so lange man will – heute bin ich froh, wenn ich endlich ins Bett gehen und schlafen kann…
LikeGefällt 1 Person
Du hast absolut recht! Als Erwachsener sieht man das Kindsein als relativ sorgenfrei an. Und als Kind ist es genau umgekehrt.
Vielleicht hat man als Erwachsener ein verzehrtes Bild von der Kindheit und sieht nur noch die schönen Seiten? Oder vielleicht ist der Wunsch nach dem, was man nicht hat hier das zugrundeliegende Thema? Ich weiß es nicht. Sicher ist, dass ich etwas stark vermisse, was ich in der Kindheit hatte.
Ich wünsche dir alles Gute!
Julia
LikeGefällt 1 Person
Teils teils würde ich sagen! Finanzielle und wirtschaftliche Probleme kennt man als Kind ja wirklich nicht und Erwachsene werden dadurch oft erdrückt – war bei mir auch schon so. Die „Leichtigkeit“, die man als Kind hatte, geht verloren, damals war für alles gesorgt, man musste sich um nichts kümmern. Als Erwachsener ist man für alles selbst verantwortlich. Manche finden das schön, andere sind davon überfordert.
LikeGefällt 1 Person