Meine Erfahrung mit Zwangsstörung

Oh nein, jetzt hat sie auch noch Zwangsstörungen, oder was? Nach ihrem Bericht über die „angebliche“ Panikattacke, braucht sie wohl ein neues Thema, um sich perfekt in der Opferrolle darzustellen und Mitleid von ihren Lesern zu bekommen.

So mag das vielleicht rüberkommen, aber die Realität ist, dass kaum eine psychische Erkrankung allein vorkommt. Meist kommen gleich ihre ganzen Brüder und Schwestern mit ihr zu Besuch im Kopf. Um aber mal kurz vorwegzunehmen: Ich hab momentan keinerlei Probleme mit Zwangshandlungen oder Zwangsgedanken, aber um mir jetzt folgen zu können, muss ich mal wieder in die Vergangenheit zurückgreifen. Also, es war einmal die 17-jährige Julia…

Mit 17 Jahren steckte ich sehr tief in meiner Magersucht (genaueres könnt ihr hier nachlesen). Und mit der ganzen Kontrolle wann und wie viel ich esse, kamen auch teilweise sehr spezielle Rituale dazu, wenn´s ums Thema Essen geht.

Zum Beispiel hatte ich ganz viele Regeln wie ich bestimmte Lebensmittel zu essen hatte. Dass ich im Schneckentempo gegessen habe, ist angesichts meiner Essstörung ein relativ „normales“ Phänomen, aber bevor ich was zu mir genommen habe, musste ich immer mindestens zwei Mal auf Toilette und die Küche plus Waschbecken mussten immer blitzeblank sein. Wenn das nicht der Fall war, konnte das schon mal in einem Heulkrampf enden.

Brötchen (die ich so gut wie immer ohne Belag gegessen habe), mussten abgewogen und dann in der Mitte durchgeschnitten, um den Teiginhalt schön mit meinen Fingern herauspulen zu können. Mit beim Essen zuzusehen war echt kein schöner Anblick.

Auch habe ich mein winziges Abendessen immer vorm Fernseher eingenommen. Anders war mir das nicht möglich. Und Getränke (außer Wasser) habe ich immer in so Minischlückchen zu mir genommen, bis meine „Zeit“ abgelaufen war. Das heißt ich habe immer die komplette Zeit, die mir zur Verfügung stand fürs Essen genutzt.

Dieses Hinauszögern ist relativ typisch für Magersucht, weil der Körper ja eigentlich mehr essen möchte, als man ihm zuführt. Dementsprechend habe ich versucht meinem Körper vorzugaukeln, dass ich ja eh viel essen würde, weil ich ja so lange brauche.

Auch Zwangshandlungen sind häufig eng an Magersucht geknüpft.  Ich würde mir das zum einen so erklären, dass solche Rituale Kontrolle geben, was Menschen mit Essstörung meist stark brauchen und zum anderen, dass das Gehirn bei der Magersucht ja sozusagen auf Sparflamme läuft und somit in seinen Fähigkeiten eingeschränkt ist.  Da können solche zwanghaften Handlungen vielleicht in irgendeiner Weise  Halt geben.

Auf jeden Fall hab ich mir damals gedacht: „Toll, jetzt musst du nicht nur deine Magersucht loswerden, sondern auch noch diese Zwangsstörung.“ Aber wisst ihr was? Die sind von selbst verschwunden. Als mein Gehirn wieder mit mehr Nährstoffen versorgt war, hat es diese Rituale schleichend über Bord geworfen, sodass mir eigentlich erst später bewusst wurde, dass ich diese Handlungen ja gar nicht mehr so ausführe wie früher.

Somit würde ich sagen war das keine Zwangsstörung im eigentlichen Sinne, sondern viel mehr ein Symptom meiner Magersucht. Aber diese Erfahrung hat mich gelehrt, nachzuvollziehen wie es sich anfühlt mit einer Zwangserkrankung zu leben und ich wünsche jedem, der davon Betroffen ist, dass er seine Symptome loswerden kann, weil das einfach (sorry) scheißeinschränkend und belastend ist!

Ein Gedanke zu “Meine Erfahrung mit Zwangsstörung

  1. Pingback: Weihnachten mit Magersucht – Teil 1 – Lebenswelt

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