Small Talk? – Nein, danke!

Ich rede nicht gerne mit fremden Menschen. Ganz grundsätzlich. Es setzt mich unter Druck und ich handle dann ohne nachzudenken. Oder anders gesagt: Mein Mund macht, was er will. Er haut einfach irgendwelche Wörter raus und mein Gehirn schüttelt sich im Nachhinein verzweifelt: „Was hab ich da bloß wieder gesagt!“

Das ist vielleicht ein bisschen übertrieben und empfinde ich nur selbst als so extrem schlimm. Mein Umfeld würde nie auf die Idee kommen, dass ich Gespräche mit Menschen hasse bzw. mich vorher und nachher in einem Gedankenkarusell befinde. Wie immer eigentlich: Schöne Fassade außen, Wirbelsturm innen.

Aber jetzt mal zum eigentlichen Thema: Ich hasse Small Talk! (Oha, heute bin ich ja voller Hass) Ich glaube, dass viele Menschen keine Freunde dieser Gesprächsart sind. Zum einen, weil man oft nicht weiß, was man sagen soll, zum anderen, weil immer wieder dieselben Themen kommen.

Lasst mich das anhand eines Beispiels erläutern: Studentenpartys. Ok, ich geh eigentlich nicht auf Partys, aber es beschreibt nun mal am besten eine Veranstaltung, wo ein Haufen verwirrter Studenten im ersten Semester zusammenkommen und versuchen Kontakte zu knüpfen. Also bleiben wir mal bei dem Bild.

Treffen sich Student A und Student B:

Student A: „Hey! Was studierst du denn?“

Student B: „Promenadologie.“

Student A: „Aha, cool. Und worum geht´s da?“

Student B: „Ist kompliziert. Ist Teil der Architektur.“

Student A: „Wow, sehr interessant. Und in welchem Semester bist du?“

Student B: „Ich bin im Moment im  ersten Semester.“

Student A: „Cool.“

Student B: „Und was studierst du?“

And the story goes on and on…

Ich finde in diesem Dialog wird sehr deutlich, warum ich das “kleine Gespräch” nicht mag: Es ist einfach sinnlos! Jeder sagt was, ohne tatsächlich etwas gesagt zu haben. Wir reden aneinander vorbei und haben oft Sekunden später vergessen, worum es überhaupt ging.

Ich bevorzuge da Gespräche mit etwas mehr Tiefgang. Am liebsten würde ich bei jedem Menschen gleich all in gehen und tief in seinem Leben herumbohren (der Psychologe in mir 😉 ). Das interessante an Menschen, finde ich zumindest, sind doch seine Gedanken und Gefühle.

Dass das bei der ersten Unterhaltung oft nicht angebracht ist, ist mir klar. Trotzdem fände ich es viel schöner ein „echtes“ Gespräch mit meinem Gegenüber zu führen. In der Realität ist es aber nun mal so, dass wir uns nur schützen wollen, wenn wir nicht gleich alles von uns Preis geben. Das kenne ich von mir selbst zur Genüge. Und das ist auch vollkommen ok.

Deshalb lasst uns doch weiterhin über Promenadologie reden. (Das ist übrigens die Kunst des Spazierengehens. Schon verrückt, was man alles studieren kann.) Aber spätestens im dritten Semester sollte man dann auch herausgefunden haben, warum ein Mensch so etwas *hust* bescheuertes studiert und warum er tatsächlich denkt, dass die Welt einen Typen braucht, dessen Lieblingsort die Fußgängerzone ist.


Was haltet ihr von Small Talk? Fällt er euch leicht oder seid ihr kein Freund davon? Ich freue mich von euren Erfahrungen zu lesen. 🙂

16 Gedanken zu “Small Talk? – Nein, danke!

  1. LichtAusdruck

    Diese Form des ST, die Du beschreibst, ist mir ebenfalls höchst zuwider. Ich denke, es liegt daran, dass mit den Fragen Interesse an dem anderen nur vorgeheuchelt wird. Dem Fragenden interessiert es doch eigentlich null, was ich antworte. Bla, bla.
    Allerdings gibt es auch eine andere Art von ST, die ich zunehmend praktiziere. Ich bin oft alleine unterwegs und manchmal kommentiere ich irgendeine Situation, die auch der andere miterlebt. Dadurch entstehen ganz unverbindliche, unverkrampfte und kleine Gespräche, von denen beide was haben. Das ist echt bereichernd!

    Gefällt 2 Personen

      1. LichtAusdruck

        Hat sich bei mir irgendwann ganz alleine ergeben. Weil ich mich über etwas freute und diese Freude teilen wollte.

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  2. Ich mag Smalltalk auch nicht, manchmal sind aber solche „lockeren Fragen und Themen“ Einstieg in tiefere Gespräche – jedenfalls bei mir, weil ich dann weiter frage. Es gibt viele Menschen, die Smalltalk nicht mögen, aber dies als Weg nutzen, um vorsichtig Kontakt aufzunehmen. Das so zu empfinden und zu denken, hat mir geholfen, denn andere sind auch manchmal unsicher, was zu sagen ist, und sind innerlich doch aufgeschlossen. So ist meine Erfahrung.

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  3. Niemand mag schlechten Small-Talk, aber es mag auch niemand schlechtes Essen, oder schlechte Musik. Liegt in der Natur der Sache. Trotzdem ist nicht mal schlechter Small-Talk wie du sagst „sinnlos“.

    Bleib doch einfach dabei, dass du es nicht magst, das ist dein gutes Recht. Deshalb muss die Sache an sich nicht falsch sein.

    Außerdem ist es meiner Meinung nach unnötig, etwas pauschal als „bescheuert“ zu bezeichnen. So wirst du deinem sonstigem Anspruch nicht gerecht. Den Studiengang den du erwähst, gibt es übrigens auch nicht. Das ist schlicht falsch. Auch nicht in Kassel. Warum bist du so schlecht drauf?

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    1. Hey!

      Ich hab Small-Talk ja nicht per se schlecht gemacht. Ich schreib ja auch, dass er seine Berechtigung hat.

      Der ganze Beitrag spiegelt ja meine eigene Meinung wieder. Somit war nicht meine Absicht zu pauschalisieren. Falls das so rübergekommen ist, wollte ich das nicht.

      Ich hab mir den Artikel nochmal durchgelesen und muss dir recht geben: er kommt wirklich ziemlich negativ rüber. Ich schreibe halt einfach, was mir auf der Seele liegt und wenn ich nicht gut drauf bin, dann kommt das auch rüber.

      Bezüglich des Studiengangs hab ich nochmal recherchiert und auch hier muss ich dir recht geben: es ist kein kompletter Studiengang. Aber es gibt einige Hochschulen, die Promenadologie tatsächlich in Seminaren behandeln.

      Liebe Grüße,
      Julia

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  4. Anonym

    Hey, ich finde Small talk ist einfach ein Zeitvertreib. Etwas das kurz unsere Aufmerksamkeit fordert und danach schon Nicht mehr relevant ist. Er ist nicht dazu da, Kontakte zu knüpfen, bloß die Zeit tot zu schlagen. Ich finde diese kurzen Gespräche manchmal ziemlich erheiternd, oder auch sterbens langweilig. Manchmal geht die Zeit damit schneller rum, manchmal noch quälend langsamer.
    Wenn ich an der Bushaltestelle ein stumpfes Gespräch anfange ist es etwas anderes als auf einer Veranstaltung.
    Ich persönlich mag Smalltalk 😉

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    1. Ja, du hast schon recht. Ohne Smalltalk funktioniert es auch nicht.

      Ich hatte glaub ich in dem Moment die Schnauze voll von oberflächlichen Gesprächen und hab mir einfach nur gewünscht mit jemandem ein tiefes Gespräch zu führen.

      Aber ich finde es großartig, dass du Small-Talk magst! Das ist eine sehr gute Art auf Menschen zuzugehen und sich zu öffnen. Vielleicht mag ich Small-Talk deswegen nicht, weil es mir schwerfällt mich anderen gegenüber zu öffnen.

      Hab noch einen schönen Sonntag!
      Liebe Grüße, Julia

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  5. Smalltalk besteht ja nicht nur aus dem sich oberflächlich Ausfragen. An sich ist das einfach die Art und Weise, ein Gespräch mit Fremden zu beginnen. Ob man das Gespräch dann vertieft oder nicht wird dann darauf basierend entschieden. Wenn man sich aber lange unterhält und es bei Smalltalk bleibt, machen die Menschen was falsch – das von dir dargestellte Problem sehe ich also nicht. Ich hab ausgehend durch Smalltalk besonders bei Studentenpartys schon echt tiefgehende Gespräche führen können.

    Smalltalk finde ich eher nervig, wenn man z.B. im Zug ist und jemand das eigene Abblocken nicht bemerkt und stattdessen penetrant versucht, ein Gespräch aufzubauen. Da fühle ich mich dann aber auch in meiner Privatsphäre angegriffen und ärgere mich nicht über ein vermeintliches Zeitverschwenden.

    Lieben Gruß
    Marie

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