Vor kurzem hab ich einen Podcast gehört (der Name ist mir leider entfallen), wo über ein „flüssiges Puzzleteil“ gesprochen wurde. Und als ich die Erklärung davon gehört habe, dachte ich sofort: „Ja, das trifft zu 100% auf mich zu!“
Ich habe mich mein ganzes Leben lang angepasst. Seit ich denken kann habe ich immer versucht nicht aufzufallen, in der Masse unterzugehen und versucht mich so zu verhalten, dass jeder mich mag. Ich habe mich so verhalten wie mein Gegenüber, denn wer mag es nicht, wenn ein Mensch so ähnlich wie man selbst ist? Ich war eine Anpassungsmaschine oder auch ein flüssiges Puzzleteil.
Wie ein flüssiges Puzzleteil habe ich immer meine „Form“ verändert, um in das von mir erwartete Muster zu passen oder zumindest in das, was ich von mir selbst erwartet habe. Grundsätzlich ja keine schlechte Eigenschaft. Nur wer anpassungsfähig ist überlebte revolutionär gesehen. Aber unsere Gesellschaft hat andere Werte und immer so zu sein wie die anderen kann zu Problemen führen:
Problem #1:
Leute können irgendwann davon genervt sein, wenn man sie immer spiegelt. Ich meine, wenn ich jemanden nach seiner Meinung frage, will ich die auch hören und nicht meine. Außerdem kann es passieren, dass man als „Nachmacher“ abgetan wird.
Problem #2:
Wenn ich immer so bin wie die anderen es wollen, wer bin ich dann wirklich? Das Problem habe ich heute auch noch manchmal. Es ist für mich schwierig zu unterscheiden, was ich selbst meine oder was ich zu meinen glaube.
Problem #3:
Du findest nie die Leute, die wirklich mit dir auf einer Wellenlänge sind! Klar, gleiche Werte und Interessen verbinden. Wenn man sich jedoch immer an die Interessen der anderen anpasst, dann fühlt man sich mit jedem „verbunden“, was aber eigentlich nur eine „Pseudo-Verbundenheit“ ist.
Heute gelingt es mir schon manchmal für meine Meinung einzustehen, zumindest bei bestimmten Menschen. Aber um immer meine Meinung zu behaupten bin ich glaub ich ein zu konfliktscheuer Mensch. Abgesehen davon, dass es mir noch immer viel zu wichtig ist von anderen gemocht zu werden, gebe ich lieber nach als mich mit jemanden zu streiten.
Teilweise denke ich, ist das auch vollkommen angebracht. Es ist wie immer eine Gradwanderung, wann es wichtig ist für seine Meinung einzustehen und wann es auch mal ok ist einer anderen zuzustimmen um Stress zu vermeiden, obwohl sie nicht der eigenen entspricht. Meiner Meinung, darf man gerne manchmal ein flüssiges Puzzleteil sein, solange der Kern konstant bleibt und diesen nur verändert, wenn es tatsächlich aus eigener Überzeugung kommt.
Wie ist das bei euch? Kennt ihr es auch ein „flüssiges Puzzleteil“ zu sein? Schreibt mir gerne eure Erfahrungen! 🙂
„Flüssiges Puzzleteil“… das ist toll! Ja, so habe ich mich auch die meiste Zeit meines Lebens verhalten und auch gesehen. Es war eine meiner Stärken, da ich so den Draht zu den unterschiedlichsten Menschen gefunden habe und so war „gruppenüberschreitend“ Dialog auch zu schwierigen Themen möglich. Aber es ist auch bis heute eine meiner Schwächen. Ich habe nie gelernt, meine Meinung zu behaupten, für mich einzustehen. Ich habe immer darunter gelitten, aber habe erst 2016 mit der Diagnose verstehen können, wie sehr es mich wirklich Stück für Stück krank gemacht hat. Ich hatte mich verloren. Hatte das Gefühl, keine Stimme mehr zu haben, keine eigenen Interessen.
Jetzt lerne ich immer mehr, zu sagen, was ich fühle und denke und mich den Konsequenzen zu stellen. Es ist nicht leicht, alles andere als das. Aber ich bin sehr froh, dass ich meine Selbsthilfegruppe habe, die mich dabei unterstützt, das zu üben und mir dafür auch einen geschützten Raum sowie Zuspruch gibt.
Ich denke wie du, es ist nichts falsches daran, auch mal ein flüssiges Puzzleteil sein, solange es ene bewusste Entscheidung ist, in der man sich selbst nicht verliert.
Lieben Gruß!
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Ja, es ist Fluch und Segen gleichzeitig. Aber voll schön, dass du immer häufiger deine Meinung sagen und zu ihr stehen kannst! 🙂 Hin und wieder krieg ich das auch hin, aber es ist halt ein Prozess. Da kann ich auch gleich meine Geduld mittrainieren. 😉
Alles Liebe, Julia 💜
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Absolut, es ist ein Prozess und das geht nur schritt für schritt. Da darfst du echt Geduld walten lassen. 🙂 Ich wünsche dir alles Gute dafür! 🙂
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Vielen lieben Dank! ❤
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Ein ziemlich cooles und passendes Bild, ein flüssiges Puzzleteil zu sein!
Ich kann mich dem anschließen, was das Angepasstsein an Situationen angeht und ich glaube, auch früher habe ich es besonders versucht, nicht aufzufallen, damit niemand etwas von dem merkt, was mir passiert war. Und es hat funktioniert. Heute bin ich „gern“ mal unbequem und laufe nicht immer mit, weil mein System da anscheinend schon begriffen hat, dass ich das zum Überleben nicht mehr brauche! Danke, dass mir das durch deinen Text klar werden durfte 😊
Trotzdem kann ich mich noch immer wie ein Chamäleon anpassen, wenn es nötig ist. Ja, Fluch und Segen zugleich. Aber heute kann ich es immerhin (meistens) bewusst tun oder eben auch bewusst nicht tun.
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Das freut mich sehr, dass du einen guten Weg gefunden hast wie du mit dieser „flüssigen-Puzzleteil-Eigenschaft“ umgehen kannst! 🙂 Und vielen Dank für das Lob zu meinem Text! ❤
Alles Liebe, Julia 💜
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