„Next to normal“ – die Darstellung psychischer Störungen als Musical

Letzte Woche war ich mit meiner Mutter in einem für mich ganz besonderen Musical:

Next to Normal – Fast normal.

Als Betroffene psychischer Erkrankungen und Psychologiestudentin kann ich mein Interesse an mentaler Gesundheit nicht leugnen und war sofort Feuer und Flamme als ich die Beschreibung des Musicals in einer Zeitung las, denn es geht – welch Überraschung – um psychische Probleme. Genauer gesagt um Depression, Bipolare Störung, Wahnvorstellung, Trauma, Selbstmord und Drogenabhängigkeit. Klingt auf den ersten Blick ganz schön heftig.


Kurz zum Inhalt

Es geht um eine Familie, Frau, Mann und Tochter, die versuchen mit einer nach außen hin ziemlich verschwiegenen Situation klarzukommen. Die Frau leidet seit dem plötzlichen Tod ihres 8-Monate alten Sohnes an rezidivierenden depressiven und manischen Episoden kombiniert mit visuellen Wahnvorstellungen, in welchen ihr der verstorbene Sohn begegnet. Ihr Mann versucht seine Frau zu unterstützen und ihr zu helfen den gemeinsamen Verlust, der bereits fast 18 Jahre her ist,  zu verkraften. Zudem hat das Paar eine 17-Jahre alte Tochter, die sehr damit zu kämpfen hat von ihrer Mutter zu wenig Liebe und Aufmerksamkeit zu bekommen, da sie im Schatten des verstorbenen Sohnes steht.  Sie flüchtet sich regelmäßig in Alkohol, Drogen und Partys, um ihre familiäre Situation zu ertragen.

Im Laufe des Musicals sieht man wie die Mutter verschiedene Behandlungsmethoden ausprobiert, um ihren Erkrankungen Herr zu werden. Begonnen wird mit einer medikamentösen Behandlung, hin zur Psychotherapie und nach gescheiterten Behandlungsversuchen, die in einem Selbstmordversuch enden, unterzieht sie sich einer Elektrokonvulsionstherapie. Zudem folgen familiäre Veränderungen, um jeden einzelne Person der Familie auf einen besseren Weg zu bringen.

Hier ein kleiner Einblick in das Musical mit einem kurzen Trailer:


Meine Meinung

Kurz zusammengefasst: Ich war begeistert! Wer  meine YouTube-Videos etwas genauer kennt oder auch meinen Blog regelmäßig liest, weiß, dass ich oft einen unterhaltsamen humorvollen, manchmal gerne ironischen Weg wähle, um ernste Themen darzustellen. Das bedeutet auf gar keinen Fall, dass ich die Ernsthaftigkeit psychischer Erkrankungen nicht erkenne. Ganz im Gegenteil: Ich wünsche mir, dass sich viel mehr Menschen mit diesen Themen auseinandersetzen, besonders auch Nicht-Betroffene. Und hier weiß ich, aus eigener Erfahrung, dass Unterhaltung gemixt mit einer wichtigen Message die besten Ergebnisse bringt. Denn jeder muss sich schon tagtäglich mit seinen eigenen Problemen auseinandersetzten, da muss nicht auch noch in der Freizeit ununterbrochen darüber gesprochen werden wie schlecht und schlimm die Welt doch ist. Menschen lesen oder schauen Videos, Filme etc. hauptsächlich um unterhalten zu werden. Bringe die Menschen zum Lachen und du hast sie auf deiner Seite – ein Grundsatz nachdem ich lebe.

Die Umsetzung des Musicals hat mich auch sehr fasziniert, war es doch weniger Klischee als erwartet. Die Darstellung der psychischen Probleme der Frau war sehr realistisch und besonders genossen habe ich auch die Rolle des Therapeuten, der im Gegensatz zu vielen Verfilmungen und Co., nicht als verrückter Zeitgenosse dargestellt wurde, der eigentlich selbst die Therapie bräuchte. Schön fand ich, dass auch hin und wieder ein paar Stellen zum Lachen eingebaut waren, auch auf Kosten der „Verrückten“. Das fand jedoch auf eine sehr sympathische Art und Weise statt.

Die einzige Kritik, die ich äußern möchte, ist dass die Elektrokonvulsionstherapie dramatischer dargestellt wurde, als sie meinem Wissen nach ist. Im Musical wurde es so gezeigt, dass diese Behandlung der allerletzte Ausweg sei, aber mit so starken Nebenwirkungen einhergehe, dass eine Entscheidung für eine Behandlung enorme Risiken mit sich bringe. Natürlich gibt es Nebenwirkungen, aber die gibt es auch bei Psychopharmaka. Zudem war hier dann doch etwas das Klischee der „Irren in der Klapse“ bestätigt, als sie da so betäubt und willenslos lag und ihr Stromstöße durchs Gehirn gejagt wurden, wo sie zuvor noch einen Aufstand gemacht hat, was den Ärzten den einfalle sie hier festzuhalten.

Zuletzt hätte mich noch richtig interessiert wie viele Menschen im Publikum aufgrund eines privaten oder beruflichen Bezugs zu dieser Thematik Zuschauer dieses Musicals waren. In der Pause habe ich einige interessante Gespräche aufgeschnappt und hätte instant miteinsteigen können. 😉


Was haltet ihr von einem solchen Zugang zum Thema psychische Störungen? Oder kennt ihr andere Beispiele, wo ähnlich mit dieser Thematik umgegangen wird? Ich freue mich auf den Austausch mit euch! 🙂


Eine Frage an euch

Ich habe mir überlegt eine kleine Reihe zu starten, in der ich meine Meinung als Betroffene und Psychologiestudentin zu Filmen und Serien abgebe, die sich thematisch mit psychischen Erkrankungen auseinandersetzen. Hättet ihr daran Interesse? Bzw. hättet ihr Vorschläge oder Wünsche welchen Filmen ich mich widmen sollte?

3 Gedanken zu “„Next to normal“ – die Darstellung psychischer Störungen als Musical

  1. Über das Leben und Lieben

    Sehr interessant! Mich hätte noch interessiert, wo man das Musical denn sehen kann. Aber da hilft mir Google gleich bestimmt weiter. 🙂 Also ich würde sehr gerne erfahren, welche Bücher, Filme etc. du uns empfehlen kannst. Also ja bitte 😂

    Gefällt 1 Person

    1. Vielen Dank für dein Kommentar! 😘 Das Musical war in Österreich und hat nur an vier Abenden stattgefunden. Das Video war allerdings von einer deutschen Produktion, also gibt es das Musical bestimmt in Deutschland auch 😉. Mal sehen, was ich so für Filme finde. :). Ganz liebe Grüße, Julia 💜

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