Wie mir die Schule meine Kreativität gestohlen hat

Ich bin immer sehr gerne in die Schule gegangen. In den Kindergarten (den ich übrigens nur ein Jahr besucht habe) wollte ich nie. Da hab ich mich mit Weinen geweigert meine Mama gehen zu lassen  und mich an sie geklammert. Ab dem 1. Schultag war dieses Verhalten jedoch Geschichte.

Die Grundschule war für mich meist noch zu wenig fordernd. Ich habe immer zu Hause und auch in den Pausen Zusatzaufgaben gemacht. Ich wurde damals schon bewundert wie gut ich Malen und Basteln konnte. Im Laufe meiner Schullaufbahn sollte ich aber mit diesem Fach noch das ein oder andere Problem bekommen.

Kunst unter Druck macht keinen Spaß

Als kleines Mädchen war ich schon eine sehr „kontrollierte“ Malerin. Das bedeutet: Ich hab mir nicht einfach ein Blatt Papier geschnappt und drauf los gemalt. Nein, ich brauchte ein festes Motiv, meist ein Tierbild aus einem Buch, das ich so naturgetreu wie möglich nachmalen wollte. Im Kunstunterricht wird einem ein Thema vorgegeben und man kann oft nicht wirklich was damit anfangen. Die Kinder, denen es egal ist malen dann irgendetwas, und die anderen, so wie ich, versuchen trotzdem eine schöne Zeichnung hinzulegen.

Das bedeutet es wird unter Druck gemalt. Bis zur 8. Klasse konnte ich damit ganz gut umgehen und ich habe auch zu Hause noch immer gerne gebastelt und gemalt. Auch wenn es schon weniger wurde…

Bis zur 12. Klasse hat mir Kunst dann gar keinen Spaß mehr gemacht. Ich hatte so viele andere Schulsachen im Kopf, dass ich den Kunstunterricht meist genutzt habe, um Hausaufgaben zu machen oder zu lernen (das ging bei unserem Lehrer, ohne dass er was gesagt hat). Zu Hause habe ich mich dann oft durchs Internet geklickt, um irgendwie Inspiration zu dem vorgegebenen Kunst-Themen zu bekommen. Oft habe ich es einfach kopiert. Meine Kreativität war erstickt im Druck, der von der Schule kam und dem Druck, den ich mir selber machte. Es war dann einfach nur noch eine Frage des Ablieferns des idealen Kunst-Objekts. Es zählte nur die Note und nicht, was ich selbst machen wollte. Mittlerweile wollte ich auch nichts mehr Kreatives machen. Mir wäre nie eingefallen die wenige Freizeit, die ich mir gab, mit Malen zu „veschwenden“. Im letzten Schuljahr durften wir dann malen, was wir wollten (solange es noch von „künstlerischer Qualität“ war – was auch immer das bedeutet). Da habe ich besonders gemerkt, dass ich nicht mal im Ansatz Ideen hatte, was ich zeichnen sollte. Mal ganz davon abgesehen, dass ich in dieser Zeit tief in meiner Essstörung steckte.

Wie ich wieder angefangen habe zu malen

Ich erinnere mich noch gut, dass ich in meinem stationären Klinikaufenthalt nach dem Abitur eine „Zeichenaufgabe“ bekommen habe. Ich sollte mein Leben bis zum heutigen Zeitpunkt malen. Und ich habe mich in diese Aufgabe so reingesteigert, immer noch vollends gefangen im Leistungsdruck, dass meine Therapeutin meinte sie hätte so einen Aufwand bei dieser Aufgabe noch nie erlebt. Für mich damals ein Kompliment. Heute weiß ich, dass ich einfach nicht rauskonnte aus diesem Teufelskreis. Ich konnte auch in der Kunsttherapie nie „los lassen“.

Auch heute male ich noch sehr kontrolliert und habe hohe Ansprüche an mich. Aber es entsteht nicht mehr aus Zwang und es macht mir wieder mehr Spaß mich kreativ auszuleben. Vielleicht hat es den Abstand gebraucht. Bestimmt habe ich mich selbst weiterentwickelt.

Wer ist jetzt Schuld?

Es wäre unfair zu sagen, dass ich der Schule vorwerfe, sie sei Schuld daran, dass ich den Spaß an Kunst verloren habe. Großteils war meine Persönlichkeit „Schuld“ – wenn es hier überhaupt um eine Schuldfrage geht. Dieser Druck, den es in der Schule gibt, hat das Fass, wie man so schön sagt, wahrscheinlich nur zum Überlaufen gebracht.

Ich weiß auch gar nicht genau was ich mit diesem Text bezwecken will. Vielleicht einfach nur mit euch zu teilen, was mir gerade jedes Mal durch den Kopf geht, wenn ich ein Blatt Papier und Stift in die Hand nehme? Vielleicht gibt es ja jemanden, der ähnliche Erfahrungen gemacht hat? Vielleicht gibt es jemanden, dem seine Interesse ebenfalls durch die Schule genommen wurde?


Ich wünsche euch auf jeden Fall ein schönes Wochenende und bedanke mich bei jedem, der immer meine Texte liest und seine Gedanken dazu äußert! Das bedeutet mir sehr viel! 💜


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16 Gedanken zu “Wie mir die Schule meine Kreativität gestohlen hat

  1. Josi

    In der Grundschule hab ich mich noch rundum wohlgefühlt, das war eine Kreativgrundschule, wo jegliche Begeisterung Platz gefunden hat und wir auch extra betreute Zeit und Räume für eigene Projekte hatten, das war schon ideal. Zusätzlich zu normalen Fächern hatten wir zb noch Kreatives Schreiben oder auch Tanz, Theater, Erfinden-Erforschen-Entdecken und sowas… auf dem Gymnasium ging es dafür dann bergab, keine Freiheit mehr, einfach Sachen auszuprobieren und ich hab mich immer mehr in das Leistungsding verrannt. Meine Geschichten waren mir nicht mehr gut genug und inzwischen habe ich seit Jahren keinen Text mehr verfasst. Naturwissenschaftliche Interessen gingen immer auch neben der Schule, aber auch Sprachen beispielsweise habe ich ganz sein gelassen, das hat mir die weiterführende Schule auch versaut, generell das begeisterte Lernen, die Neugier, das haben sie mir ein bisschen kaputtgemacht. Ich versuche das jetzt im Studium wiederzufinden, aber dort herrscht noch größerer Druck, was es leider nicht einfach macht …

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    1. Deine Grundschule klingt ja traumhaft! Toll, dass du diese Erfahrungen machen durftest!

      Umso trauriger natürlich, dass es dann umgeschlagen hat! Das ergibt ja null Sinn! Vorher versucht man das Interesse der Kinder zu wecken und Kreativität zu fördern, um sie nachher wieder zu ersticken. Dieser Leistungsdruck kann Interessen auf allen Ebenen kaputt machen und leider wird dieser Druck im Studium nicht weniger. Was mir jetzt im Studium aufgefallen ist: Fachfremde Interessen tun sich bei mir leichter wieder ohne Druck durchzukommen. Es ist einfach ein falsches System! Trotzdem wünsch ich dir, dass du deine Interessen trotz Druck vom Studium wieder entdecken kannst!
      Liebe Grüße
      Julia

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  2. Du hast den Nagel bei mir auf den Kopf getroffen.
    Ja, die Schule hat mir meine Kreativität gestohlen und ich hole sie mir zurück!
    Bei mir betrifft es die Musik. Diesbezüglich hab ich ich mir einige Ziele gesetzt, die ich noch vor mir habe.
    Noch`n Spruch:
    `Das einzige, an das ich mich aus meiner Schulzeit erinnern kann, sind die Bildungslücken´ und da ist wirklich was dran.
    LG
    Jürgen aus Loy (PJP)

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    1. Es ist wirklich Schade, was durch das Schulkonzept alles an Potential und Interesse verloren geht. Ich finde es toll, dass du die Musik wieder für dich entdeckt hast, denn auch ich habe mir hier einige Ziele gesetzt und ich habe mittlerweile einen Weg gefunden wie mir Musik machen Spaß macht – denn auch hier hat mir der Gitarrenlehrer meiner Jugend relativ viel Freude daran genommen.

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  3. Oh wahnsinn. Du sprichst mit total aus der Seele.
    Ich habe früher in der Schule immer gedacht „ich kann nix. ich bin nicht kreativ…blablabla“ – diese Gedanken endeten erst als ich ebenfalls in Therapie war – Kunsttherapie – erster Gedanke – „ich kann aber nix!“ –
    Wochen – Monate vergingen ,bis ich richtig losgelegt habe. Bleistiftzeichnungen. Ich liebe sie!! Wie lange habe ich schon nicht mehr gezeichnet.. Wahnsinn und jetzt habe ich so einen Spaß daran!
    Und was noch viel wichtiger ist:
    Wenn man selber Spaß an dem hat, was man macht – sieht man es auch – und die anderen sehen es auch! – ANERKENNUNG ist sehr wichtig, egal wie alt man ist. Und wenn man in der Schule nur Negatives zu hören bekommt, weil man nicht das zeichnet, was der Lehrer will – fehlt dieses wichtige Grundbedürfnis und der Mensch hat nicht mehr die Motivation weiter zu machen – WEIL SEINE GRUNDBEDÜRFNISSE JA NICHT BEFRIEDIGT WERDEN.
    ~Ceyes.

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    1. Absolut! Gott sei Dank, konntest du diese destruktiven Gedanken aus der Schule hinter dir lassen! Und auch, was du über Anerkennung schreibst, ist so ein wichtiger Punkt, denn durch die Schule gibt es für viele Schüler einfach gar keine Anerkennung, weil du nicht das erfüllst, was die Lehrer und auch leider oft die Eltern unter annerkennungswürdiger Leistung verstehen. Ich wünsche dir noch ganz viel Spaß beim Zeichnen und ausleben deiner Kreativität! 🙂
      Liebe Grüße, Julia

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  4. Hallo Julia,
    Mir geht es wirklich genauso und du hast mir wirklich sehr aus der Seele gesprochen. Man merkt es oft gar nicht selbst das die kreative Ader versiegt. Ich habe früher alles an kreativen Dingen gemacht, von Malen (war ich zwar nicht so toll drin) über Basteln, Handarbeit bis zum Schreiben. Ich habe viel geschrieben, einige Kurzgeschichten aber auch Fantasy Romane angefangen. Ich habe Songs geschrieben und Gitarre gespielt.
    Im Laufe der Weiterführenden Schule wurde es immer weniger. In der 7. Klasse blühte es noch einmal auf, als wir eine Spielesammlung in einer der Projektwochen erstellten. Aber schnell wurde das auch vergessen durch den ständigen Druck und trockene Projektarbeiten.
    Zum Schluss fühlte es sich so an als würde die Schule mir meine Seele rauben und ich fing an zu Rauchen und meinen Lehrern mit Sarkasmus zu begegnen und sie mit ihren eigenen Waffen/ Regeln zu schlagen.
    Die anderen fanden es cool, doch ich begriff schnell das ich so eigentlich nie sein wollte.
    Mittlerweile bin ich sechs Jahre aus der Schule raus und kämpfe immer noch mit mir und meiner Kreativität. Seit einem Jahr habe ich meinen eigenen Blog und finde langsam wieder zu mir zurück, mein Freund hilft mir sehr dabei.
    Vor ein paar Tagen habe ich zum ersten Mal wieder eine Kurzgeschichte begonnen und seit wir das Haus haben tobe ich mich wieder öfter kreativ aus.
    Wie sagt man so schön: Die Zeit heilt alle Wunden.
    Man muss manchmal nur Geduld haben, darf nie aufgeben und muss fest an sich selbst glauben oder aber an seinen Zielen fest halten.
    Liebe Grüße Anika

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    1. Das tut mir leid, dass du so etwas Ähnliches wie ich erleben musstest, Anika! Es ist einfach so unglaublich schade, dass die Schule die ganze Freude an kreativer Aktivität nimmt. Aber ich finde es toll, dass du schön langsam wieder zu deiner Kreativität zurückfindest! Und wie du schreibst, man braucht Geduld (von der ich leider ziemlich wenig besitze) und man muss sich die Zeit auch nehmen, um sich seiner kreativen Ader hingeben zu können. Liebe Grüße, Julia

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  5. Ich kann das soooooo gut nachvollziehen! Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich ein sehr kreativer Typ bin. Ich kann auch ganz gut zeichnen, dennoch hatte ich in der Schule in Kunst meistens schlechte Noten. Schuld war, dass ich ein Thema vorgesetzt bekam, mit dem ich meistens nix anfangen konnte -_-

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    1. So ist es. Und noch dazu ist es nicht sinnvoll eine einzige Person beurteilen zu lassen, ob das jetzt Kunst, schön oder was auch immer ist. Außerdem hat etwas aus Zwang entstandenes für mich nicht viel mit Kreativität zu tun. Wie geht es dir jetzt damit? Hast du Freude am Zeichnen? 🙂

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      1. ich zeichne relativ wenig, aber meine Kreativität schläft nicht 🙂 Hab mich mehr aufs Nähen und Basteln konzentriert, dabei kommen meistens Sachen raus, die ich wirklich brauchen kann 🙂

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  6. Pingback: 5 Erkenntnisse aus der Bloggerpause – Lebenswelt

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