Seit ich denken kann, war ich immer jemand der neue Dinge relativ schnell gelernt hat. Egal ob Schule oder Freizeitaktivitäten, mir neue Fähigkeiten anzueignen ging meist recht flott. Das klingt jetzt vielleicht so als würde ich denken ich bin die Supermegabeste, talentiert und kann sowieso alles.
Um vielleicht gleich mal vorweg einzuräumen: Dieses Recht-schnell-neue-Dinge-lernen trifft nicht auf alle Bereiche zu. Zum Beispiel war ich in meinem ganzen Leben noch nie wirklich sportlich. Na gut, man muss auch fairerweise dazu sagen, dass ich es noch nie so richtig probiert habe.
Und das führt mich auch gleich direkt zu meinem heutigen Problem (ja, ich nehme mir scheinbar jeden Tag ein neues davon aus dem Problemschrank; manche wechseln ihre Kleidung täglich, ich meine Probleme). Lasst mich euch kurz schildern wie es dazu kam, dass diese recht neue Potential-Angst in mein Leben kam: Das Internet ist schuld bzw. eigentlich ja ich, weil ich mich im Internet aufhalte. Zu meiner Verteidigung: ich habe einen sehr witzigen Mukbang auf YouTube angesehen, der mich eigentlich unterhalten sollte. Wenn ihr jetzt nicht wisst, was das ist – es ist auch besser so. Und in diesem Video kam plötzlich die Frage auf: „Wovor hast du am Ende deines Lebens am meisten Angst?“ und dann war die Antwort „Mein Potential zu verschwenden“. Die Folge davon war eine existentielle Krise meinerseits.
Ne, aber im ernst, diese Aussage hat eigentlich eine von mir schon lange vorherrschende Angst in Worte verpackt. Immer wieder kommt mir der Gedanke, dass ich die Fähigkeiten bzw. die Möglichkeiten diese Fähigkeiten zu entwickeln verstreichen lasse. Ich weiß, dass ich erst 23 bin (obwohl es in meinem Alter schon Menschen gibt, die Millionäre sind – dumme Vergleiche und ein Gedanke aus der Kategorie „die Leistungsgesellschaft bringt uns alle um“). Dass ich aber, hoffentlich, noch ein langes Leben vor mir habe, setzt mich eher unter Druck noch dieses und jenes machen zu müssen. Außerdem nimmt die Schnelligkeit mit der man neue Dinge lernen kann, ich glaube, so ungefähr ab meinem Alter ab (was ich regelmäßig als Ausrede nutze, wenn ich für die Uni nicht lernen kann *hust* will).
Ich weiß, was die Ursachen für diese Angst sind. Alleine, dass ich mich ständig vergleiche, von mir viel zu schnell Fortschritte erwarte, wenig Durchhaltevermögen habe, positive Bestätigung für meine Leistungen brauche, um meinen Selbstwert stabil zu halten und depressive Verstimmungen sowie soziale Ängste mich oft zurückhalten, sollten schon genügend Gründe sein, warum ich mir Gedanken mache mein Potential nicht zu nutzen.
Wahrscheinlich wäre hier, wie bei so vielen in meinem Leben, eine grundlegende Akzeptanz die Lösung. Ich kann nie alles machen und können, was ich mir wünsche. Ich werde wahrscheinlich auch immer eine Person sein, die vieles so ein bisschen kann, aber nichts so richtig gut. Und dann lerne ich immer wieder an der Uni, dass man in jedem Alter noch etwas Neues lernen kann. Dann geht es eben ein wenig langsamer. Dieser Absatz ist mein Mantra für die nächste Woche!
Kennt ihr diese Angst euer Potential aus irgendwelchen Gründen nicht richtig nutzen zu können? Falls ja, wie geht ihr damit um? Ich bin auf eure Kommentare gespannt! 🙂
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Hatte ich früher mal, diese Angst! Inzwischen bin ich der Überzeugung, dass ich mein Potential beruflich und privat gut ausschöpfe.
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Mir hat geholfen, zu erkennen, dass es viele Möglichkeiten gibt, sein Potenzial auszuschöpfen, nicht nur den einen „richtigen“ Weg.
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Wie schön, dass du für dich hier an einem guten Punkt angekommen bist! Du hast recht, es gibt ganz viele Wege wie man sein Potential ausschöpfen kann. Und alles kann man ja bekanntlich sowieso nie machen! Ganz liebe Grüße
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Mit Deinem „Mantra-Absatz“ heiße ich Dich „Willkommen im Club“.
Ich finde den Absatz richtig gut, weil er nach meiner Meinung ziemlich genau trifft, wie es ist, sein und bleiben wird. Und nichts daran ist schlimm. – Das, liebe Julia, schreibt Dir einer, der seine „Weis(ß)heit der mittleren Lebensjahre ebenso fragwürdig wie beginnend auf dem absteigenden Ast seiend empfindet.
Will sagen, auch ich muss mich immer mal wieder kneifen, um mir bewusst zu machen, dass ich nicht (mehr) alles erreichen kann (abgesehen von dem, was ich gar nicht will bzw. mir nicht wichtig ist – Darin, was und wieviel mir nicht wichtig ist, unterscheide ich mich übrigens von sehr vielen Menschen. (Und bin stolz drauf!) Ich bin an Lebensjahren ja schon ein ganzes Stück weiter als Du, und allein beim Ansehen des Stapels meiner noch ungelesenen Bücher und der Vorstellung derer, die ich noch gern lesen möchte, beschleicht mich doch immer wieder eine gehörige Panik.
Aber was soll ich gegen den natürlichen Gang der Dinge tun können? Da gibt es nichts. Wohin Überforderung führt, habe ich schon sehr schmerzlich für den eigenen Körper und die eigene Seele erfahren müssen. Seither weiß ich, dass Vergleichen zu gar nichts Nützlichem führt.
Nimm es also so gelassen wie nur möglich, liebe Julia (ausgerechnet ich muss das sagen …) und horche auf bei dieser Wahrheit: Du bist noch ganz und gar nicht über dem Zenit, in Deinem Alter nimmt die Fähigkeit etwas zu lernen noch nicht ab. Im Gegenteil, wissenschaftlich erwiesen ist das Gehirn im Alter von 22 bis 27 Jahren am leistungsfähigsten, spürbare Abnahme der Leistungsfähigkeit tritt grundsätzlich erst ab dem 37. Lebensjahr ein.
Bei mir hingegen dauert die Talfahrt nun schon etliche Jahre … 😉
Setz‘ Dich nur nicht zu sehr unter Druck – zum Nutzen der eigenen Potenziale gehört auch, sich bewusst Gutes zu tun!
Sehr liebe Grüße an Dich!
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Vielen Dank für deine lieben Worte! Es ist leider wirklich so, dass man sich (wie so oft) auch hier um etwas Sorgen macht, dass man nicht zu 100% beeinflussen kann. Bei mir geht es hier deutlich darum etwas Druck rauszunehmen.
Und wie du auch schreibst, ist es auch so, dass ich in mancherlei Hinsicht mein Potential nicht ausschöpfen will. Zum Beispiel kam bei bisherigen Intelligenz- und Begabungstests immer wieder raus, dass ich ein recht gutes räumliches Vorstellungsvermögen habe. Aus jetziger Sicht werde ich damit vermutlich nie viel anfangen. Wobei, so genau weiß man das nie…;)
Ganz liebe Grüße und noch einen schönen Sonntag!
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Ich bin 53 und mein bisheriges Leben bestand immer aus „WARTEN“. Keine Ahnung worauf. Ich fühlte mich immer ausgebremst. Es war zum verzweifeln. Die Zeit verstreicht. Je älter man wird, umso schneller. Allerdings bedeutet das nicht, dass man hektisch Gas geben sollte. Jeder der sich solche Gedanken macht, sollte mit Bedacht wählen und sortieren, was Einem wirklich wichtig ist. Ich habe meinen Weg mit 49 Jahren gefunden. 😉
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Danke für deine inspirierenden Worte! Wie schön, dass du deinen Weg nun gefunden hast! Was du beschreibst klingt mir sehr vertraut. Ich habe auch das Gefühl auf irgendetwas zu warten und währenddessen ziehen die Tage an mir vorbei. Ich denke, dass ich nicht vorankomme. Dabei stimmt das oft gar nicht.
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Oh ja! Ich glaube, da greift ihr beide auch noch einen wichtigen Gedanken auf. Oft ist man ja tatsächlich an ganz vielen Dingen „dran“, es fühlt sich nur so alltäglich und selbstverständlich an, dass man es gar nicht wahrnimmt und das Gefühl hat, auf der Stelle zu treten, obwohl es gar nicht stimmt… (Schachtelsatz zu Ende… 😉 )
Liebe Grüße!
Jessica
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