Ich war immer eines dieser Kinder, das Sportunterricht gehasst hat. Nicht, weil ich unbedingt unsportlich war. Nein, ich war in manchen Disziplinen besser als die meisten Kinder, was nicht zuletzt auch daran lag, dass ich ein recht großes Kind war, im Vergleich zu den anderen. 😉
Aber es gab auch sehr viel im Sportunterricht, was ich absolut nicht mochte und wo ich auch richtig schlecht war. Dazu zählten z.B. die meisten Ballspiele, in denen es meist um weglaufen und gefangen/getroffen werden ging. Dieses, sorry, doofe Hin und Hergerenne fand ich nicht nur sinnlos, ich war dabei auch immer so nervös, weil ich mein Team nicht enttäuschen und perfekt sein wollte.
Hier haben wir schon den Kernpunkt erreicht: Dadurch, dass ich in allen anderen Fächern in der Schule eine absolute Einser-Schülerin war, wollte ich das natürlich in Sport auch sein. Aber das war ich nicht, was für mich der Antrieb war diesen Makel zu verstecken. Ich bin fleißig und engagiert, sozusagen makellos – Schwäche zu zeigen kam absolut nicht in Frage. Diese Denkweise hört sich nicht nur anstrengend an, sie war es auch.
Was hat das Ganze jetzt mit meiner Essstörung zu tun? Nach meiner erstmaligen Erkrankung mit 11 Jahren, habe ich bis heute nie wieder in meine gesundes kindliches Körpergefühl gefunden. Ich verstecke seit dieser Zeit meinen Körper in weiter Kleidung und bei Bewegungen hatte ich immer Angst, dass die Leute um mich herum noch mehr meinen fetten Körper wahrnahmen als, wenn ich mich sitzend in der letzten Ecke verstecke.
Diese körperliche Unsicherheit zeigte sich natürlich auch im Sportunterricht. Vor allem als ich von der 5.-8. Klasse Schwimmunterricht hatte. Heute macht mich dieser Gedanke seht traurig, dass ich als 12-jähriges Mädchen hier nur einen Gedanken hatte: So schnell wie möglich ins Wasser, damit niemand meinen hässlichen Körper sieht. Heute war ich, glaube ich, seit vier oder fünf Jahren nicht mehr schwimmen, weil ich immer noch fürchte, was Leute von mir denken (und auch ich selbst), wenn ich mich in Badeklamotten zeige.
Der andere Punkt ist, dass mich Sport mit meinen Mitschülern noch mehr an meinem Körper zweifeln ließen. Zum einen wollte ich mich und meinen Körper selbst gar nicht spüren, zum anderen konnte ich mich immer mit anderen vergleichen – mit deren Körpern und deren Leistung. Ich fühlte mich bei jeder Bewegung unwohl, weil ich nicht wahrgenommen werden wollte wie ich meinen ungeschickten, unsportlichen und ekelhaften Körper bewege.
Trotzdem habe ich am Sportunterricht immer teilgenommen (außer als ich so stark im Untergewicht war, dass es mir verboten wurde). Schließlich wollte ich eine gute Schülerin sein – nein, eine perfekte. Ich mache den Sportunterricht weder für meine Essstörung verantwortlich, noch dafür, dass ich bis heute keinen Spaß an Sport habe. Ich erkenne auch erst rückblickend, was sich hier bei mir immer abgespielt hat.
Etwas, was ich mir vom Sportunterricht gewünscht hätte, wäre, dass nicht nur Team-Sportarten im Fokus stehen, sondern auch andere sportliche Aktivitäten ausprobiert werden. Ich erinnere mich z.B., dass eine Vertretungslehrerin mal mit uns Yoga gemacht hat. Das fand ich viel angenehmer! Klar, es ist mehr Arbeit für den Lehrer vorzuturnen als bei einem Ball-Spiel daneben zu stehen, aber es ist doch u.a. die Aufgabe des Lehrers Freude an der Bewegung zu vermitteln und hier sollten auch die individuellen Bedürfnisse der Schüler beachtet werden.
Was ich mir für die Zukunft wünsche ist, dass ich lerne meinen sich bewegenden Körper zu akzeptieren und ihn wieder fühlen zu können (wollen?). Dass geht im Moment sehr schwierig und wenn ihr irgendwelche Tipps habt, bin ich sehr dankbar! Denn die Tatsache, dass ich meinen Körper in Bewegung nicht ertrage, ist nicht nur Futter für meine Essstörung, sondern zieht auch ihre beiden Geschwister Depression und Angst mit ins Boot.
Wie habt ihr damals den Sportunterricht gefunden? Hattet ihr Spaß oder wolltet ihr, dass es so schnell wie möglich wieder endet? Ich bin gespannt auf eure Antworten!
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