Ich bin eigentlich kein Fan davon psychische Erkrankungen unbedingt in Diagnosen quetschen zu wollen, u.a. weil ich mit ihren Definitionen oft nicht übereinstimme. Zum besseren Verständnis, sei aber hier mal angeführt, was denn im Allgemeinen unter Essstörungen und ihren Formen verstanden wird.
Essstörungen sind ein Oberbegriff für psychische Erkrankungen, bei welchen das Essverhalten bzw. der Umgang mit Essen gestört ist. Sie werden meist von negativen Gedankengängen und Emotionen bezüglich Essen, dem eigenen Gewicht und/oder der Figur begleitet. Damit enden aber, meiner Meinung nach, schon die Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Formen von Essstörungen.
Formen von Essstörungen
Die wohl bekanntesten Vertreter sind hier wohl Magersucht (Anorexia Nervosa) und Bulimie (Bulimia Nervosa, auch Ess-Brech-Sucht genannt), die auch nach dem offiziellen Diagnosekatalog ICD-10 mit einigen Unterformen so angeführt werden. Magersucht zeichnet sich lauf Diagnosekriterien vor allem dadurch aus, dass durch ein meist restriktives Essverhalten (also ein „Nicht-Essen“), aber auch durch mögliche kompensatorische Methoden wie z.B. Sport oder Erbrechen, ein massiver gesundheitsschädlicher Gewichtsverlust herbeigeführt wird. Bei Bulimie werden klassischerweise als Hauptsymptome wiederholte Essanfälle (ein unkontrolliertes Essen großer Mengen an Lebensmitteln) beschrieben, die durch Verhaltensweisen wie Erbrechen, Sport, Restriktion oder dem Gebrauch von Abführmitteln „rückgängig“ gemacht werden sollen.
Damit enden zwar im Diagnosekatalog ICD-10 die explizit angeführten Essstörungen und der „Rest“ fällt unter „Sonstige Essstörungen“ oder „Essstörungen, nicht näher bezeichnet“. Eine jedoch, zumindest laut Statistiken aus den USA, mindestens genauso häufige Essstörung wie Magersucht und Bulimie ist die Binge Eating-Störung oder Essanfallstörung (schwer zu unterscheiden von Esssucht). Diese ist mit Bulimie insofern vergleichbar, dass sie sich durch wiederholte Essanfälle auszeichnet, bei welchen aber, im Gegensatz zur Bulimie, keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um das Essen großer Lebensmittelmengen ungeschehen zu machen. Deshalb wird oft davon gesprochen, dass Menschen mit Binge Eating Übergewicht haben.
Aber auch damit ist die Vielfalt an Essstörungen bei Weitem nicht abgedeckt. Es gibt z.B. Orthorexie, Biggerexie, „Kauen und Aussprucken“und Diabulimie (mehr Info bekommt ihr, wenn ihr auf die Wörter klickt). Außerdem gibt es sehr häufig Mischformen und jegliches gestörtes Essverhalten (z.B. induziert durch eine Diät) kann aus meiner Sicht als Vorstufe einer Essstörung gesehen werden. Aber, um hier nicht noch einen Roman zu schreiben, habe ich vor allem die Formen beschrieben, die für diesen Blog besonders wichtig sind. Apropos Roman, wenn euch genauer interessiert welche Formen von Essstörungen es gibt und wodurch sie sich auszeichnen, kann ich auch das Buch von Michaela Schubert von Happy Kalorie empfehlen: Essstörungen – Was ist das?: Das ABC der Magersucht, Ess-Brech-Sucht und Essanfallstörung (unbezahlte Werbung, weil man das ja jetzt so machen muss)
Quelle ICD-10 für Essstörungen: http://www.icd-code.de/icd/code/F50.-.html
Wer ist betroffen?
Grundsätzlich sind Mädchen und Frauen wesentlich häufiger von Essstörungen betroffen als Jungen und Männer, was aber doch stark davon abhängt welche Form der Essstörung man betrachtet. Meist erkranken Menschen während der Pubertät oder im jungen Erwachsenenalter. Betrachtet man die Anzahl Betroffener schwankt diese stark je nach Altersgruppe, Geschlecht, Essstörungsart und Statistik. Die Zahlen aus Deutschland könnt ihr auf der Seite der BZgA finden: https://www.bzga-essstoerungen.de/wie-haeufig-sind-essstoerungen/
Meine Erfahrungen
Ich hatte in meinem Leben bisher mit Magersucht und Binge Eating zu tun. Begonnen hat meine Essstörung mit elf Jahren. Mehr zu meiner Geschichte erfahrt ihr hier:
- Eine Jugend mit Magersucht – Meine Geschichte (Teil 1)
- Von der Magersucht ins Binge Eating – Meine Geschichte (Teil 2)
Zum Abschluss ist mir noch wichtig zu sagen, dass ich ein starker Vertreter davon bin, dass jedem Menschen geholfen werden sollte, der unter seinem Essverhalten in irgendeiner Weise leidet geholfen werden sollte – Diagnose hin oder her!
Essstörungen haben kein Alter, kein Geschlecht, keine Ethnie und vor allem kein Gewicht! Jeden kann eine Essstörung treffen und nur indem wir darüber sprechen können wir verhindern, dass noch mehr Menschen in diese Hölle namens Essstörung geraten!
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